Was machen die denn da?
Kampfkunst ist ein weiter Begriff, der zur Interpretation einlädt. Und das ist gut so, denn jede begriffliche Spezifikation führt zu einem Denken in Schubladen, welches weit verbreitet, meist jedoch nicht hilfreich ist, sondern leider einschränkend wirkt. So hat fast jeder unmittelbar ein stereotypes Bild vor Augen sobald ein Begriff wie Karate (‚die in weißen Anzügen hauen und treten‘), Judo (‚ist das nicht was mit Rollen und Werfen?‘), Thai-Boxen (‚die treten doch mit dem Schienbein‘) oder ähnlichen Kampfkünsten fällt.
Interessanterweise wird auch von den aktiven Kampfkünstlern gerne zuerst daran gedacht, was sie von anderen abgrenzt und vor allem, warum ihre Kampfkunst die Beste sei.
Wir verstehen Kampfkunst anders. Viel mehr, als unterscheidende Schwerpunkte oder gar Vorzüge zu betonen, die es natürlich vor allem durch unterschiedliche Lehrtraditionen und Ziele gibt, sehen wir das, was uns verbindet. Wir Kampfkünstler beschäftigen uns alle mit unserem menschlichen Körper, der uns mit im Idealfall zwei Armen, zwei Beinen und allem was dazwischen ist, die gleichen Voraussetzungen bietet. Damit hat zunächst einmal jeder die gleichen Möglichkeiten, die gleichzeitig nicht unendlich sind. Die zur Verfügung stehenden Werkzeuge sind also die gleichen.
Nun gilt es, das Ziel zu betrachten. Hier treten die Unterschiede am auffälligsten zutage und hier haben sie auch ihre Berechtigung. Es gibt die Kampfsportler, die dem Sportgedanken folgend einen Vergleich, einen Wettkampf anstreben. Hier stehen Athletik und ein Regelwerk, innerhalb dessen gewisse Maßstäbe bestmöglich zu erfüllen sind, im Vordergrund. Ein motivierender Ansatz für viele, der fast ebenso häufig nach einiger Zeit, spätestens ab einem mittleren Alter jedoch ermüdet und viele dazu führt, die Übung der Kampfkunst zu beenden.
Dann gibt es diejenigen, die eine alt überlieferte Tradition, gerne aus ferner und fremder Kultur, erlernen und perfektionieren möchten. Auch dies ist selbstverständlich ein berechtigter Ansatz, der ein nahezu unerschöpfliches Potenzial bietet, denn wann erreicht man schon Perfektion?
Ein drittes Ziel ist die Selbstverteidigung. Zu diesem Thema werden vielerorts Kurse angeboten, die den Teilnehmern innerhalb weniger Wochen eine entsprechende Ausbildung vermitteln wollen. Kampfkünste mit diesem Ziel geben ihren Schülern mehr Zeit dafür. Aus einer Sicht ist das sehr sinnvoll – Selbstverteidigung falsch verstanden kann jedoch ungesunde Folgen haben.
Ich habe die ersten beiden Ansätze zeitweise verfolgt, nachdem ich vor über dreißig Jahren mit Karate begann. Im Laufe der Zeit habe ich gerne über den Tellerrand geschaut, um das Verbindende mit anderen Kampfkunsttraditionen zu finden, meinen in der Karatetradition begrenzten Spielraum zu erweitern und zu bereichern.
Selbstverteidigung ist Ursprung aller Kampfkünste
Der verbindende Ursprung aller Kampfkünste ist die Selbstverteidigung, die Voraussetzung dafür – und auch das Ziel – ist ein gesunder Körper.
Diese beiden Elemente, Selbstverteidigung und ein gesunder Körper bilden die Basis für unsere Übung der Kampfkunst. Und dafür trainieren wir in zwei Einheiten.
Zuerst steht das Kennenlernen der naturgegebenen körperlichen Möglichkeiten im Vordergrund. Eine Stunde lang gilt die Konzentration der Aufnahme des Kontakts mit dem eigenen Körper. Wir nennen es Tai Sei Ryo oder Körperbewusstsein, welches sich auf bewusstes Atmen und Bewegen zur Erlangung, Erweiterung und Erhaltung von Flexibilität und Gesundheit konzentriert.
Anschließend bleiben denen, die daran Interesse haben, zwei Stunden, die aus der Tradition des Karate kommenden und durch zahlreiche andere Einflüsse angereicherten Methoden der Selbstverteidigung in einem sicheren und vertrauensvollen Miteinander zu üben. Kampfkunst, die bei uns Quan Li K’an genannt wird, ohne einschränkende Rahmen-bedingungen eines bestimmten Stils, stattdessen mit dem Fokus auf das, was in einer gegebenen Situationen unter Einsatz der vielfältigen und individuellen Möglichkeiten unseres Körpers funktioniert. Im Vordergrund steht dabei weniger das Ergebnis, sich eventuell in einem Ernstfall selbst verteidigen zu können, sondern vielmehr der Prozess, die Beschäftigung mit den Möglichkeiten und deren Übung.
Beide Einheiten stehen interessierten Anfängern wie Fortgeschrittenen jederzeit offen.
Kolja Kassner
Kontakt
Kontaktperson: Kolja Kassner, kobaka@me.com
Trainingszeiten
Trainingseinheiten (Montag 19:00 – 22:00 Uhr, Halle Meerweinstraße)
Anmeldung und Infos über Kolja Kassner (kobaka@me.com)